Simulationsmodelle bereichern „Digitale Zwillinge“

Durch virtuelle Inbetriebnahme Fehler erkennen, bevor sie entstehen

Programmierfehler im Steuerungscode sind nur eines von zahlreichen potenziellen Problemen, die bei der Inbetriebnahme von Frequenzumrichtern auftreten können. Mit „Digitalen Zwillingen“ und entsprechenden Simulationsmodellen können derartige Fehlerquellen frühzeitig aufgedeckt und rechtzeitig behoben werden. Genauigkeit ist hierbei einer der zentralen Aspekte, wenn die Virtuelle Inbetriebnahme vorab gelingen soll.

Die Begriffe „Digitale Zwillinge“ und „Simulationsmodelle“ werden häufig synonym zueinander verwendet, unterscheiden sich jedoch maßgeblich. Ein Simulationsmodell ist ein mathematisches Modell einer Komponente oder eines Systems, welches in Simulationen zur Vorausberechnung des simulativen Verhaltens eingesetzt wird. Die Ziele: Das Verhalten in Fehlerfällen analysieren und damit Optimierungen ermöglichen oder gar das Systemverständnis, z. B. durch tiefergehende Schulungen, vertiefen. Der „Digitale Zwilling“ wird hingegen u. a. als „Datenabbild eines Assets“ bezeichnet. Hierbei werden Digitale Zwillinge für die Industrie 4.0 anhand der Konzepte der im europäischen Raum bekannten AAS (Asset Administration Shell) umgesetzt. Die AAS setzt sich aus einzelnen Teilmodellen zusammen. Aktuell umfassen sie Identifikation, Typenschild, Dokumentation und Simulation. Im Teilmodell Simulation werden die hinterlegten Simulationsmodelle eines Assets durch festgelegte Merkmale beschrieben. Simulationsmodelle können demnach die Datenvielfalt Digitaler Zwillinge anreichern.

Die Anwendung bestimmt das Simulationsmodell 

Drive Controller können in unterschiedlichen Detailtiefen, die in der Regel vom Anwendungsfall abhängig sind, als zeitbasiertes Simulationsmodell abgebildet sein. Bei einer Virtuellen Inbetriebnahme werden zum Beispiel Simulationsmodelle von Antriebskomponenten, Maschinen- und Anlagenteilen auf einem echtzeitfähigen Hardware-in-the-Loop-Simulator integriert. Dieser enthält eine Feldbus- oder Realtime-Ethernet-Schnittstelle, an die eine reale PLC (Programmable Logic Controller) angeschlossen ist. Die Service- und Prozessdaten von bzw. an die PLC werden über diese Schnittstelle an die einzelnen Simulationsmodelle verteilt. Mit der Virtuellen Inbetriebnahme können so Programmierfehler im Steuerungscode aufgedeckt oder das dynamische Verhalten der simulierten Maschine oder Anlage getestet werden.  

Kommen überwiegend Simulationsmodelle zum Einsatz, bei denen das Verhalten der Komponente durch Re-Engineering entwickelt wurde, können sich diese Simulationsmodelle im Falle einer fehlerhaften Konfiguration seitens des Steuerungscodes nicht entsprechend verhalten. Besonders bei der Durchführung von Virtuellen Inbetriebnahmen ganzer Maschinen und Anlagen ist ein korrektes Verhalten von Simulationsmodellen der Antriebsregler erforderlich, da sonst eventuelle Konfigurationsfehler erst während der realen Inbetriebnahme auftreten. Um eine hohe Genauigkeit zu erreichen, sollte anstelle eines Re-Engineerings die Original-Firmware genutzt werden. 

Hochdetaillierte Simulation mit Firmware-Simulationsmodellen

„Es ist die Idee entstanden, den realen Code der Antriebsregler-Firmware in Simulationsmodellen wiederzuverwenden – unter anderem, um die Ungenauigkeiten der Re-Engineering-Methode zu vermeiden“, sagt Manuel Brose, Softwareentwickler bei KEB Automation. Dadurch werden sowohl das reale Verhalten des Antriebsreglers berücksichtigt als auch neue Funktionen und Funktionserweiterungen automatisch in den Simulationsmodellen integriert. „Diese Art von Modell bezeichnen wir bereits als Firmware-Simulationsmodelle“, so Brose. Bei einer Virtuellen Inbetriebnahme reagiert das Simulationsmodell sehr detailgetreu auf eventuelle Konfigurationsfehler, da die Firmware-Simulationsmodelle das Objektverzeichnis des realen Frequenzumrichters enthalten. 

Bei KEB wurden Firmware-Simulationsmodelle u. a. entwickelt, die Simulationsmodelle von Leistungsendstufen und Motoren berücksichtigen. Aktuell wurden Firmware-Simulationsmodelle von ausgewählten KEB Drive Controllern für das Echtzeitsystem SCALEXIO der Firma dSPACE sowie für die Simulationsplattform ISG-virtuos der Firma ISG Industrielle Steuerungstechnik entwickelt und implementiert. In beiden Fällen liegt der Fokus auf der Anbindung an das Realtime-Ethernet EtherCAT und auf den Betrieb unter Echtzeitbedingungen. Die KEB Firmware-Simulationsmodelle konnten bereits im it’s OWL-Innovationsprojekt TeDZ (Technische Infrastruktur für Digitale Zwillinge) – Pilotvorhaben DeZ (Digitaler energetischer Zwilling) erfolgreich in Simulationen zur Virtuellen Inbetriebnahme unter Berücksichtigung energetischer Aspekte eingesetzt werden.

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